Durchflussregelung von Brunnenwasser für die Schnellentcarbonisierung

Applikations-Bericht | Chemie

  • Entcarbonisierung mittels Schnellreaktoren in der Herstellung von vollentsalztem Wasser
  • Einsatz eines intelligenten Messventils zur präzisen Erhöhung der Rohwassermengen
  • Verbesserte Regelgüte dank automatisierter Arbeitsabläufe; keine manuellen Eingriffe mehr notwendig
  • Sinkende Wartungs- und Betriebskosten durch Redundanz und Prüfzeitverlängerung des Ventils

Hintergrund

Der Chemiekonzern BASF betreibt am Standort Ludwigshafen mehrere Anlagen zur Produktion von vollentsalztem Wasser (VE-Wasser). Für die Herstellung von VE-Wasser nutzt das Unternehmen Rohwasser aus Tiefbrunnen. Eine zentrale Verfahrensstufe ist hierbei die Entcarbonisierung (Enthärtung) vor der Ionenaustauscherstufe mittels Schnellreaktoren.

Konkrete Messaufgabe

Die Schnellentcarbonisierung ist ein Schwebebettverfahren. Bei diesem Prozess wird das Rohwasser mit Calciumhydroxid [(Ca(OH)2 in Form von Kalkmilch] als alkalischer Lösung angereichert, um Hydrogencarbonationen und Kohlendioxid zu neutralisieren und als Calciumcarbonat (CaCO3) aus dem Wasser auszufällen. Das enthärtete Wasser steigt auf und wird über die Ablaufzone aus dem Reaktor befördert.

In der Anfahrphase eines Schnellreaktors muss die zugeführte Wassermenge alle zwei Stunden über einen längeren Zeitraum um 2 m³/h gesteigert und stabil gehalten werden. Während die Rohwassermenge über ein Grundlastventil gefahren wird, erfolgte die Erhöhung der Wassermenge bisher manuell über den Handschieber in einer Bypassleitung. Der Durchfluss für die Mengenerhöhung wurde dabei über eine in der Hauptleitung (DN300) installierte Kompaktblende bestimmt. Durch den hohen manuellen Aufwand war der bisherige Prozess optimierungsbedürftig. Die eingesetzte Kompaktblende hatte zudem eine eingeschränkte Messspanne. Die Genauigkeit der Durchflussmessung war nicht hoch genug, um die gewünschte Regelgüte zu erreichen. Der Kunde suchte daher nach einem alternativen Messaufbau. Ziel war es, die gewünschte Durchsatzerhöhung automatisiert und ohne manuellen Eingriff einzuregeln. Dabei sollte gleichzeitig auch die zugrundeliegende Durchflussmessung verbessert werden.

Realisierung der Messung

Das Chemieunternehmen entschied sich für den Einsatz des intelligenten Messventils FOCUS-1. Das multifunktionale Gerät vereint Regelventil, Durchflussmessgerät, Druck- und Temperaturfühler sowie eine umfangreiche Rechenleistung in einem Gerät.

Der Kunde nutzt das Messventil in dieser Anwendung zur Durchflussregelung in der Bypassleitung, über die die Durchsatzmenge in der Anfahrphase konstant erhöht wird. Die integrierte Ultraschall-Durchflussmessung von FOCUS-1bietet hierfür eine deutlich größere Messspanne als die zuvor eingesetzte Differenzdruckmesszelle. FOCUS-1 regelt den Durchfluss eigenständig. Nur den gewünschten Sollwert erhält das Gerät noch von der SPS. Den Istwert sendet das Messventil kontinuierlich über 4…20 mA an die SPS zurück. In einem nächsten Schritt plant der Anlagenbetreiber, auch den Druck, die Temperatur und die Ventilstellung selbst mittels des HART®7 Protokolls in der Leitwarte auszuwerten.

Neben der Ultraschall-Durchflussmessung sammelt das Messventil über die integrierte Differenzdruck- und Temperaturmessung viele zusätzliche Messdaten, die es für umfassende Diagnosen nutzt. Dank seiner ausgeklügelten Algorithmen kann das intelligente Messventil einen „digitalen Zwilling“ erstellen. Dabei werden die gemessenen Daten so modelliert, dass Gerätefunktion und -betrieb auch im Falle eines unwahrscheinlichen Ausfalls der Ultraschall-Signalwandler aufrechterhalten werden können, ohne den Prozess unmittelbar unterbrechen zu müssen.

Nutzenbetrachtung

Mit Hilfe von FOCUS-1 kann der Kunde den Istwert der Wassermengen heute deutlich exakter an den Sollwert heranfahren. Der Entcarbonisierungsprozess lässt sich damit wesentlich effizienter und genauer einregeln. Die Durchsatzerhöhung erfolgt voll automatisiert. Ein manueller Eingriff ist nicht mehr nötig, so dass die Arbeitsressourcen geschont bzw. nun deutlich produktiver an anderer Stelle eingesetzt werden können.

Die Multiparametermessung sorgt zudem für Redundanz und eine hohe Diagnoseabdeckung, die unter anderem eine Überwachung des Ventilzustands erlaubt. Der Verschleiß des Ventilsitzes und damit Dichtheitsprobleme bzw. Leckagen lassen sich daher unmittelbar identifizieren. Daher muss das intelligente Messventil auch nicht entsprechend den sonst üblichen Wartungsintervallen ausgebaut und auf den Prüfstand gestellt werden wie ein gewöhnliches Ventil. Die Prüfzeitverlängerung führt beim Kunden zu sinkenden Wartungs- und Betriebskosten. Die erhöhte Regelgüte gepaart mit sinkenden Wartungs- und Betriebskosten sowie der im Vergleich zu einem Messaufbau mit Einzelkomponenten geringere Beschaffungs- und Installationsaufwand haben den Kunden überzeugt. Zukünftig sollen weitere Schnellreaktoren mit dem FOCUS-1 ausgestattet werden.

Verwendete Produkte

FOCUS-1

Intelligentes Messventil für Durchfluss-, Druck- und Prozessregelung

  • Vereint Regelventil, Durchflussmessgerät, Druck- und Temperaturfühler sowie eine umfangreiche Rechenleistung in einem Gerät
  • Volle Prozesssteuerung über Ventilstellung, Durchfluss, Druck oder externe Prozessparameter mit einzigartiger Diagnose
  • Nahtlose Integration in alle Automatisierungssysteme, z.B. per 4...20 mA, HART®, PROFINET, Ethernet oder Wi-Fi
  • Einfaches Engineering, Installation und Betrieb bei erhöhter Regelgüte und Anlagenverfügbarkeit
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